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Elisabeth

Mein Leben mit einer angeborenen Gefäßfehlbildung
Elisabeth Steinbauer, Steiermark


Hallo! Ich bin mittlerweile etwas über 30 Jahre alt, trage seit meiner Geburt eine zunächst als „Hämangiom“ diagnostizierte aber deutlich subkutan und in den Kiefer sowie das Jochbein infiltrierend wachsende venöse Gefäßfehlbildung in meinem Gesicht.
Meine normale Schullaufbahn mit Matura, danach ein Studium in Graz und nebenbei das Jobben bei verschiedenen Firmen brachte ich mit viel Rückhalt der Familie und Freunde und meines damaligen Lebenspartners gut über die Bühne.

Meine Leidensgeschichte ist aber subtiler und tragender, weil ich oft im Stillen enorm litt und der Ansicht war, dass es niemanden gebe, der ebenfalls eine ähnliche Fehlbildung mit sich rumtragen muss. Vor allem in der Pubertät erkannte ich die volle Tragweite meines Anders-Seins. Die Reaktionen auf mein Aussehen waren von Unbekannten stets sehr heftig und abstoßend, für mich verletzend, manche Kinder zeigten ihren Ekel oder lachten mich auf offener Straße aus. Ich kannte zu dem Zeitpunkt noch nicht die „richtigen“ Ärzte, die mir das Gefühl hätten geben können, in guten und erfahrenen Händen zu sein, zudem wusste ich über die Fehlbildung selbst auch sehr wenig. Eine Aussage eines Facharztes nach eingehender Analyse meines Gesichtes: „naja, Frau Steinbauer, die Aussichten stehen 50:50“ war mir zu wenig und nicht vertrauenserweckend. Zum Glück hatte ich als 20jährige eine Psychotherapeutin, die sich jegliche Schwere meinerseits anhörte und mich so sehr unterstützte, mein „Projekt Gesicht“ zu starten, von dem ich seit vielen Jahren sprach.  

Nach einer emotional eher miesen Pubertät, aber dafür sehr schönen Studienzeit war ich dann auch mental an dem Punkt, mich endlich operieren zu lassen, dieses „Projekt Gesicht“ durchzuziehen. Ich hatte bereits große Schmerzen im Gesicht, bei Wetterumschwüngen, an meinen „Tagen“ und bei sportlicher Betätigung, fühlte mich immer unwohler und bekam Angst, aus mir würde soundso nichts mehr werden bzw. im schlimmsten Falle würde ich die Operationen nicht überleben. Nach vielen Kennenlern-Gesprächen und Untersuchungen, Planungsgesprächen und 2 radiologischen Vorbehandlungen (durch Prim. Waldenberger, damals noch in Innsbruck) ließ ich mich von Prof. Hildegunde Piza und ihrem Team an der Uniklinik Innsbruck, Abteilung Plastische und Wiederherstellungschirurgie mehrfach chirurgisch operieren.

Das Ergebnis war wundervoll für mich, ich konnte es kaum glauben, ohne einen Tropfen Fremdblut meine so stark durchblutete rechte Gesichtshälfte chirurgisch versorgt bekommen zu haben! Alle Nerven waren erhalten geblieben, die für die Mimik notwendig waren. Für mich war das Ergebnis ein riesiger Meilenstein! Ein neues Leben, MEIN neues Leben konnte starten und ich wusste, dass ich nun so viele schwere Schritte geschafft hatte und jegliche Herausforderungen im Leben meistern werde können. Mag kommen was wolle.

Ich lernte mein Aussehen dann erst mal kennen, machte mit meiner neu gewonnenen Identität Fotoprojekte mit befreundeten Fotografen und ging in die Welt hinaus [Fotoserie „Stigmata“ © Peter Purgar, Graz 2007].
Primar Waldenberger – dann schon bei den BHS in Linz tätig – sprach die Idee einer Vernetzung mit anderen Patienten und eine Gründung einer Selbsthilfegruppe immer wieder an, stieß bei mir allerdings auf große Zurückhaltung. Was soll es mir bringen, mich mit anderen Betroffenen zu vernetzen? Ich erinnerte mich allerdings an meine Gedanken in den einsamen Momenten viele Jahre zuvor…

Erst nach einiger Zeit, nach einer Fachtagung in St. Wolfgang und dem Kennenlernen von Gabi Stadlmann war mir klar, dass ich hier aktiv werden will, mitgestalten möchte und mein bisher angesammeltes Wissen zum Thema Gefäßfehlbildung FÜR die Gruppe, FÜR die von uns organisierten Veranstaltungen nutzen werde. Von einer Homepage war noch keine Rede.

Nun ist aber auch diese online und ich freue mich sehr, Sie/ Dich hier begrüßen zu dürfen und Sie/Dich mal persönlich kennen zu lernen!

Ich hatte das Glück, zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, an der Quelle zu den richtigen Fachärzten zu sein und meine eigene Leidensgeschichte nach 26 Jahren zu einem guten Ende zu bringen, um einer LEBENS-Geschichte Platz zu machen: ich lebe nun mit einem sehr liebevollen Partner und unserer Tochter zusammen, arbeite und bin in der Gesellschaft voll integriert.

Nun möchte ich durch vielseitige Kontakte national und international und den Austausch mit vielen Betroffenen erwirken, dass andere Betroffene auch zum richtigen Zeitpunkt an der Quelle zu den richtigen und erfahrenen Fachärzten sind, wenn sie sie brauchen.

Selbstverständlich sind auch alle Betroffenen bei uns herzlich willkommen, die keine medizinische Behandlung brauchen oder wollen, aus welchem Grund auch immer. Ich brauchte auch 26 Jahre keine Behandlung! Es hätte aus Sicht unzähliger Menschen schon 10-20 Jahre früher etwas gemacht werden müssen. Aber: That´s life!
Ich danke Dir/ Ihnen fürs Interesse.