Rückblick auf die 8. AIVA-Tagung in St. Wolfgang am Wolfgangssee

Die diesmalige AIVA-Tagung stand unter dem Thema „Vaskuläre Malformationen - Grenzen der Behandelbarkeit“

Nach der morgendlichen Registrierung wurden durch Dr. Julia Roka-Palkovits und Dr. Wolfgang Matzek einleitende Worte
gesprochen. Auch wurde Freude über das zahlreiche Erscheinen der anwesenden TeilnehmerInnen zum Ausdruck gebracht.

Die einleitende Runde wurde durch Fr. Dr. Gabriele Amann von der MedUni Wien begonnen. Sie referierte über komplexe
vaskuläre Malformationen und ihre Pathologien anhand von Fallpräsentationen. Immunhistochemisch lässt sich mittels gewisser
Marker und unterschiedlichen Farben verschiedene Zelltypen (bspw. Muskelzellen, Fettgewebe, Gefäßzellen) in Proben des
menschlichen Gewebes darstellen. Somit ist für den Pathologen feststellbar, um welche Art der Malformation es sich hierbei
handelt. In ihren Fallbeispielen ließen sich immunhistochemische und radiologische Abbildungen sehr gut darstellbar
kombinieren.
 
Eingangs sollte noch erwähnt werden, dass solche Einfärbungen auf Gen-Basis funktionieren (dessen Funktionsweise gerne
näher in einer anderen Rubrik erläutert wird). Bei anschließender Diskussion wurde darüber beraten, dass in der
ISSVA-Klassifikation zu wenig "embryologisch" gedacht wird und weiters ein sehr breites unterschiedliches Spektrum
zwischen Morphologie und klinischer Untersuchung besteht.

Darauffolgend wurden von Dr. Gürkan Sengölge -ebenfalls von der MedUni Wien- die pharmakologischen und klinischen
Grundlagen zu Sirolimus erörtert. Mit dem geschichtlichen Hintergrund beginnend sei erwähnt, dass dieses Medikament 1965
aus einer Bakterienart der Streptomyces-Gattung von den Oster-Inseln gewonnen wurde, als man eigentlich nach fungiziden
Mitteln suchte. Anhand einiger Folien wurden Studien, die molekularen Grundlagen sowie ein Block-Diagramm gezeigt, anhand
dessen man die Funktions- bzw. Wirkungsweise des Medikamentes ersehen kann. Fragestellungen zu den Eigenschaften des
Produktes ergeben sich immer noch in der Dosierung hinsichtlich des therapeutischen Bereichs, welche Vorteile sich
eventuell durch eine veränderte Gabe -resultierend in einem anderen Zielspiegel- ergeben. Eine Veränderung des Blutbilds
zum Schlechteren, hier wiederum zwei Fallbeispiele, kann nicht ausgeschlossen werden, sogar verbessern nach dem Absetzen.

Dr. Emir Haxhija nahm den vorangehenden Vortrag auf und erklärte die Erfahrungen, die mit Sirolimus gemacht wurden auch
wiederum anhand einiger Fallbeispiele. Seine Beobachtungen belaufen sich auf sog. "low-flow" und lymphatische
Malformationen, wo Sirolimus wirken könnte, indem es das Zellwachstum minimiert, idealerweise sich die MF ein wenig
rückbildet und so eine Gewebsentfernung und schlimmstenfalls einen Funktionsverlust verhindert. Jedoch sind dabei immer
noch die Nebenwirkungen des Medikamentes zu beachten und es werden auch weiterhin noch Unsicherheiten bei der Anwendung
geben.

Vor der Mittagspause kam noch Dr. Christoph Neumayr vom AKH Wien zu Wort. Arteriovenöse Malformationen (MF) machen gut 10
bis 20% aller angeborenen Gefäßfehlbildungen aus. Diese Fehlbildungen können Organe und Extremitäten betreffen, im
Extremfall sogar lebensbedrohlich sein. Dazu sollte zunächst bei Betroffene nach "high-flow" oder "low-flow" MF
unterschieden werden. Gefahren in der Hämodynamik (Druck und Fließeigenschaften des Blutes) können sich dann im Blutdruck
oder in einer Volumenerhöhung (und möglicherweise einer Überlastung des Herzens) ergeben.
AV-Malformationen bedürfen immer einer exakten Abklärung, einer korrekten Diagnose, frühzeitige Behandlung d.h. im
Extremfall eine radikale chirurgische Maßnahme bei einer Option auf Heilung und eventuell gleichzeitiger Embolisation.

Gut gestärkt nach der Mittagspause zeigte Dr. Margitta Poetke aus Berlin die Grenzen der Laserbehandlung.Es gibt in der
heutigen Medizin unterschiedliche Lasertypen, es kommt immer darauf an wo sie wirken sollen. Beispielsweise wird für
tiefer gelegene vaskuläre MF ein sog. NdYAG-Laser verwendet, je nach Leistung wird zur Kühlung Eis benutzt. In ihrem
Vortrag sah man einige interessante Videoaufnahmen, die die Anwendung der Laserbehandlung sehr gut veranschaulichten.

Was die Grenzen der interventionellen Behandlung für den Radiologen bedeutet, erläuterte uns Dr. Walter Wohlgemuth aus
Regensburg. Zunächst werden die Ausdehnung und der Charakter einer solchen Läsion aufgenommen, um eine grundsätzliche
Vorgehensweise zu erarbeiten. Als besonders Schwierig stellen sich progrediente, verwachsene AVM's, riesige AVM's mit
Herzbeteiligung (sog. high-output cardiac fail) und AVM mit Hautbeteiligung (an den Fingern, Zehen, Nase, Ohr, um nur
einige zu nennen) dar. Das Parkes-Weber-Syndrom ist auch schwierig zu embolisieren (Fallbeispiel mit Abbildungen), ebenso
im Gesicht oder Augenbereich, bei krankhaften Veränderungen des Blutbildes (Gerinnungshemmung). An manchen Gliedern ohne
dem Endglied (Fingerspitze) lassen sich aber immerhin gerade noch Embolisationen durchführen.

Dr. Hildegunde Piza-Katzer sprach über die Grenzen des chirurgisch Mach- und Behandelbaren. Dabei stellt sich oftmals die
Frage, welche Rolle der/die PatientIn bei der Planung und danach einnimmt, von wem ein derartiger Plan erstellt wird.
Wodurch werden die Grenzen bestimmt? Etwa durch den Chirurgen durch seine Ausbildung? Durch das behandelnde und
betreuende Team (Ärzte, Krankenschwestern)? Welche Grenzen werden den Behandelnden danach auferlegt? Einige Fallbeispiele
wurden in der Präsentation gezeigt, in denen Veränderungen über die Jahre bei PatientInnen über die Jahre dokumentiert
wurden. Es ist wichtig, auf die Wünsche und die persönlichen Lebensumstände der PatientInnen einzugehen.
Eine weitere Frage die sich zu dem Thema stellt ist, wie sich heute moderne Standards und Instrumente in 10 bis 15 Jahren
verhalten. Eines jedoch soll heute wie in Zukunft Gültigkeit haben: der/die PatientIn steht immer Mittelpunkt und die/der
behandelnde Arzt/Ärztin stellt sich und die Behandlungsmethoden einer kritischen Evaluierung.

Gabriela Stadlmann von unserer Selbsthilfegruppe berichtete über ihre Lebensgeschichte. Auch formulierte sie zwei Wünsche
an die AIVA. Zum einen, dass die Selbsthilfegruppe durch Hinweise von ÄrztInnen an weitere Betroffene wachsen kann, und
dass es zum anderen eine medizinische Ansprechperson für die Gruppe geben soll.

Nicht nur Wünsche wurden formuliert, sondern auch Hinweise auf erleichternde Maßnahmen für Betroffene dargestellt. Dazu
gehören eine gute psychologische/psychotherapeutische Begleitung im Behandlungsprozess - hier geht es stark um den Umgang
mit sich selbst und dem Leben mit der Erkrankung. Hinzu kommen positive Erfahrungen mit lymphatischen
Rehabilitationsmaßnahmen. Der gemeinschaftliche Austausch in der Selbsthilfegruppe sowie das differenzierte know-how der
behandelnden ÄrztInnen werden als große Ressource erlebt.
Abschließend wurden an Herrn Dr. Peter Waldenberger mit der Übergabe eines Blumenstraußes Dankesworte im Namen der
gesamten Selbsthilfegruppe gerichtet.

Nach einem gemütlichen Abendessen machten sich die TeilnehmerInnen der Selbsthilfegruppe wieder auf den Heimweg.

Wir freuen uns bereits, auch nächstes Jahr wieder dabei sein zu dürfen!